Kolbrücks Kracher: Preispsychologie: Wie Gefü...
Kolbrücks Kracher

Preispsychologie: Wie Gefühle hohe Preise schrumpfen lassen

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Preispsychologie ist mehr als nur marktschreierische rote Wobbler.
Preispsychologie ist mehr als nur marktschreierische rote Wobbler.

Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben. Rabattaktionen allein können den Handel auf Dauer nicht vor der Kaufunlust retten. Hilfe verspricht die aufregende Welt des Neuromarketings.

Spüren Sie den Herzschlag Ihrer Kunden, wenn die sich Gedanken über die nächste Gehaltsabrechnung und die Preise am Regal machen?
Sicher. Sie kennen deren Sorgen um das monatliche Budget.

Sie könnten sich natürlich dafür entscheiden, nur auf niedrigere Preise zu setzen, aber wäre das nicht ein bisschen wie ein Pflaster auf eine Wunde zu kleben, die eigentlich genäht werden muss? Jeder von uns weiß tief in seinem Inneren, dass angesichts der harten Preisverhandlungen und Sortimentsumstellungen Vertrauen und Sicherheit nun das sind, was die Menschen jetzt wirklich brauchen, um sich wieder auf das Einkaufen zu freuen.


Was also tun?
Kernerkenntnisse und Technik aus dem Neuromarketing helfen hier weiter.

1. Ein Beispiel aus dem Neuromarketing kennen sie sicher. Wenn Sie Preisgarantien und inflationsgeschützte Preise für ausgewählte Produkte anbieten, wenden Sie bereits eine Lehre aus dem Neuromarketing an. Weil Sie damit den Kunden das Gefühl von Sicherheit vermitteln und ihnen zeigen, dass Sie auf ihrer Seite stehen.
Kunden sind "kognitive Geizhälse".


Aber die Magie des Neuromarketings geht noch weiter. Es geht nicht nur um den Preis. Wussten Sie, dass Wissenschaftler uns Menschen gerne als "kognitive Geizhälse" betrachten? Ja, wir sind ziemlich sparsam, wenn es ums Denken geht, besonders beim Einkaufen. Doch das ist genau das, was das Neuromarketing so faszinierend macht.

2. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wie die Angst in Zeiten der Unsicherheit nach Garantien verlangt? Hier kommen beispielsweise Gütesiegel ins Spiel - diese kleinen, vertrauenserweckenden Symbole, die man jetzt mehr denn je in den Vordergrund stellen sollte. Sie spielen eine große, wenn auch oft unbewusste Rolle bei der Kaufentscheidung.

3. Erinnern Sie sich an das letzte Mal, als Sie im Urlaub in ein Restaurant gegangen sind und sich für das entschieden haben, das bereits gut besucht war? Das ist der Effekt der sozialen Bewährtheit. Warum also nicht dasselbe Prinzip im Supermarkt anwenden und Produkte vermehrt als "Bestseller" kennzeichnen?

4. Und denken Sie an den Herdentrieb! Ja, das bedeutet, dass wir uns von ordentlichen und schön gespiegelten Regalen verabschieden und an manchen Stellen ganz bewusst Mut zur Lücke haben müssen. Denn Lücken signalisieren Mangel oder Begehrtheit, und das lässt unser Gehirn aufhorchen.

Wir sind nämlich seit den Neandertalern Meister darin, Muster zu erkennen und Vorhersagen zu treffen. Das mag uns in der Wildnis geholfen haben, um Gefahren vorherzusehen, aber im Supermarkt kann es uns dazu verleiten, unerwartete Entscheidungen zu treffen.
Der Anblick von leeren Regalen lässt unser Herz schneller schlagen.
Unser Gehirn schreit uns zu: "Nimm es, bevor es weg ist!" .
Dies ist das Konzept der Knappheit, eine starke Triebkraft in der Kaufentscheidung. Erinnern Sie sich an die Hysterie um Toilettenpapier während der Pandemie? Das war Neuromarketing und Knappheit in Aktion!

Mein Lieblingsbeispiel rund um das Thema Knappheit ist das Keks-Experiment. Stellen Sie sich vor, Sie haben zwei Gläser. In einem sind zehn Kekse, im anderen nur zwei. Welches Glas würden Sie wählen?
Der amerikanische Psychologe Stephen Worchel führte 1975 ein faszinierendes Experiment durch. Er stellte fest, dass die Menschen bereit waren, mehr für die zwei Kekse zu zahlen, einfach weil sie knapper waren.

Und die Sache wurde noch spannender, als er acht Kekse aus dem vollen Glas entfernte. Plötzlich waren die restlichen zwei Kekse sogar noch begehrter. Das ist die Macht der Knappheit!

Was lernen wir daraus? Knappheit erhöht den Wert. Und diese Erkenntnis können Sie nutzen. Ob es sich um Sonderangebote, limitierte Editionen oder spezielle Produkte handelt - die Botschaft der Knappheit kann Kunden dazu verleiten, mehr auszugeben.
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5. Eine der wichtigsten Effekte im Neuromarketing ist der "Anker-Effekt".
Wenn Sie beispielswiese drei verschiedene Olivenöle nebeneinander anbieten und eines davon ganz besonders teuer ist, setzt dieser hohe Preis im Unterbewusstsein der Kunden einen „Anker“. Dieser hohe Preis bleibt somit im Gedächtnis des Kunden und lässt die folgenden, günstigeren Preise attraktiver erscheinen.
Widersprüchliche Kunden
Supermärkte haben es mit einer neuen Sorte „widersprüchlicher“ Kunden zu tun. Ihre Taschen sind leer, aber ihre Herzen sind voller guter Absichten. Eine Studie von Asendia liefert aktuelle Zahlen. Sie belegt, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis für 62 % der deutschen Verbraucher das wichtigste Kriterium bei der Kaufentscheidung ist, gefolgt vom Preis (56 %). Dennoch bezeichnen sich fast drei Viertel (73 %) der Verbraucher in Deutschland in ihrem Kaufverhalten selbst als nachhaltigkeitsbewusst.
Zudem wollen
        69 % wollen wegen der unsicheren Wirtschaftslage weniger ausgeben.
        62 % möchten weniger konsumieren, aber nachhaltiger kaufen.

Vielleicht kennen Sie das vom Autokauf. Ein guter Verkäufer wird Ihnen zunächst ein Modell und eine Ausstattungsvariante zeigen, die klar über ihrem Budget liegt. Und genau das macht die anderen Modelle im Vergleich plötzlich attraktiver. Die hohe Preisgrenze setzte den Anker. Es ist eine kognitive Verzerrung, die dazu führt, dass wir uns stark auf die erste Information konzentrieren, die wir in einer Reihe von Entscheidungen erhalten, und diese als Referenzpunkt verwenden.

6. Rund um Preise gibt es noch ein besonderes Juwel aus der Schatzkiste des Neuromarketings - die Vorteilskommunikation. Wer liebt es nicht, ein Schnäppchen zu machen? Ein "3 für 2" Angebot kann das Gefühl erwecken, einen großen Fang gemacht zu haben. Sie erinnern sich an das Gefühl, als Kind mit einem vollen Halloween-Eimer nach Hause zu kommen? Genau dieses Gefühl kann man mit der richtigen Preisgestaltung hervorrufen.


7. Aber vergessen Sie nicht die magische Kraft der ungeraden Zahlen. Eine Liste von drei oder fünf Vorteilen wirkt natürlicher und ansprechender als eine von zwei oder vier. Warum? Es ist einfach menschlich. Wir mögen es, wenn die Dinge ein bisschen unperfekt sind, es macht sie echter, greifbarer.

8. Wir sind alle emotionale Wesen, und diese Emotionen bestimmen, wie wir einkaufen. Farben sind ein großartiges Beispiel dafür. Welche Emotionen verbinden Sie mit der Farbe Blau? Oder Rot? Oder Grün?
Haben Sie sich jemals gefragt, warum das Rot einer Erdbeere unser Herz schneller schlagen lässt? Oder warum das Grün einer Limette ein Gefühl der Frische in uns weckt?

Farben sind mächtige emotionale Trigger, die im Neuromarketing gezielt eingesetzt werden können. Sie können Produkte hervorheben, bestimmte Emotionen auslösen und sogar Kaufentscheidungen beeinflussen. Simple gesagt, signalisiert ein Meer aus grünen Gurken beispielsweise das Gefühl von Frische und Natur, während ein leuchtend roter Haufen von Äpfeln ein Gefühl von Verlangen und Begehrlichkeit weckt. Das können Sie sich auch mit Schildern und Aufbauten an anderer Stelle im Markt zu Nutze machen.
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9. Und schließlich, denken Sie daran, dass auch andere Emotionen beim Einkaufen eine große Rolle spielen. Ein Lächeln, eine freundliche Begrüßung, eine hilfreiche Hand - all das kann den Unterschied ausmachen. Unsere Gehirne sind so verdrahtet, dass sie auf Gesichter reagieren, und die Körpersprache und der Gesichtsausdruck der Mitarbeiter können dazu beitragen, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, die Kunden dazu ermutigt, mehr Zeit im Geschäft zu verbringen und vielleicht sogar ein paar zusätzliche Artikel in ihren Einkaufswagen zu legen.

Kolbrücks Kracher gibt es jeden Donnerstag exklusiv auf LZdirekt.de.



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