Ladenschluss-Debatte: Öffnungszeiten: Warum E...
Ladenschluss-Debatte

Öffnungszeiten: Warum Edeka, Rewe, Aldi und Co jetzt handeln müssen

IMAGO / Arnulf Hettrich
Lange Öffnungszeiten: Noch zeitgemäß?
Lange Öffnungszeiten: Noch zeitgemäß?

Energie-Chaos. Corona-Welle. Personalmangel. Die Debatte um verkürzte Öffnungszeiten ist nicht mehr aufzuhalten. Einzelne Händler reagieren bereits.

Gestern bei einem beliebten Metzger in Frankfurt. Der Laden ist für mehrere Tage geschlossen. Corona-Fälle unter den Mitarbeitern. Mit dem Rest-Team ist der Betrieb nicht aufrechtzuhalten. Jedenfalls nicht, ohne die übrigen Mitarbeiter dem Risiko eines Burn-outs auszusetzen.

Kein Einzelfall.

Gesundheit der Mitarbeiter geht vor Umsatz. Da gab es auch für Edeka-Kaufmann Dieter Hieber im August kein Zögern. Die 16 Hieber-Märkte der Region waren im August bis Anfang September mittwochnachmittags ab 13 Uhr geschlossen.  

Wie Hieber denken etliche Kaufleute.
Beispiel Edeka-Kaufmann Thomas Höhnke in Oberaula. Er schließt jetzt seinen Markt werktags eine Stunde früher. Am Samstag sind es zwei Stunden.

Grund: „Sowohl der vielzitierte Fachkräftemangel, die teils schwierige Warenversorgung, horrend gestiegene Energiekosten, als auch die ungewohnt hohen Krankheitsraten bringen die Kolleginnen und Kollegen, die noch zur Verfügung stehen, immer öfter an ihre Belastungsgrenzen“, schreibt der Kaufmann an die Kunden.

Die gekürzten Öffnungszeiten sollen daher den Mitarbeitern mehr Ausgleich und Freizeit verschaffen.
Dass diese der richtige Entschluss sein dürfte, zeigen auch die Reaktionen auf ein Posting des Kaufmanns bei Facebook. Die fast 200 Kommentare sind voll des Lobes für die „mutige Entscheidung“.

Diesen Mut finden offenbar zurzeit auch andere Händler. So melden beispielsweise Edeka Staufers und Edeka Gebauer via Instagram verkürzte Öffnungszeiten. Ein Motiv: Energiesparen. Das macht Sinn.

Ein Markt, der nur eine Stunde weniger geöffnet ist, kann seine Energiekosten nach Ansicht von Experten nochmals um 2 Prozent und mehr senken.

Dem Beispiel dieser Märkte würden sicher mehr Händler folgen. Doch sie spüren auch die betriebswirtschaftliche Verantwortung und offene Fragen.

  • Wie hoch wird der Umsatzverlust?
  • Verliert man die Kunden an den Wettbewerber?
  • Bleiben die Kunden dann womöglich langfristig weg?  
  • Wie reagiert die Handelszentrale?
  • Ballt sich die Kundschaft dann zu anderen Tageszeiten?
  • Wie hoch ist der Aufwand, die veränderten Öffnungszeiten zu kommunizieren?
  • Wie lange soll das dann so gehen?  
Nicht wenige hoffen daher auf einen Entschluss und auf Unterstützung aus den Handelszentralen.

Fest steht: Auch dort wird über das Thema Öffnungszeiten nachgedacht. Allerdings unterschiedlich.

Während Rewe-Chef Lionel Souque kürzere Öffnungszeiten noch Anfang September ausschloss, warb Tegut-Geschäftsführer Thomas Gutberlet Ende September für kürzere Ladenöffnungszeiten.
Aldi Nord schließt laut Lebensmittel Zeitung nichts aus, die Schwarz-Gruppe will eher beim Status quo bleiben.

Womöglich aber ist diese insgesamt eher ablehnende Haltung, die von Zweifel über die Flexibilität der Kundschaft genährt wird, nicht ganz zeitgemäß.
Die Reaktionen auf Thomas Höhnke bei Facebook zeigen zumindest, dass der Handel damit vielleicht sogar Sympathiepunkte einheimsen kann.

Gefragt aber wäre dafür ein gemeinsames Vorgehen der Handelsketten, um ein Signal zu setzen.

Ein Signal wünschen sich nämlich viele Kaufleute aus ihren Zentralen. Ein einheitlicher Beschluss und ein abgestimmtes Vorgehen für eine flächendeckende Verkürzung, so der Tenor vieler Gespräche mit Händlern, würde Sicherheit verschaffen und manchem den Entschluss erleichtern, auf die eine oder andere Einkaufsstunde zu verzichten. Ein definierter Zeitraum, der dann auch einen Weg zurück in die Normalität aufzeigt, würde Händlern, Mitarbeitern und Kunden darüber hinaus Verlässlichkeit und Perspektive bieten.

Ob es dazu kommt?
Ausgerechnet vor dem Weihnachtsgeschäft?
Warum nicht?

Genau so sollten die Handelsketten diese Frage jetzt formulieren. Denn die Frage nach dem "Warum nicht?" kann den Status quo viel besser in Frage stellen und gedankliche Türen öffnen.  
Erinnern Sie sich beispielsweise daran, dass Schwarz einmal die Farbe für tolle Technologie gewesen ist?
Nein?
Vielleicht, weil sich Apple irgendwann gedacht hat: Warum nicht weiße Kopfhörer anbieten? Jetzt ist die Farbe Weiß Ausdruck des Technik-Lifestyle.

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