Kolbrücks Kracher: Verschrottet die Verkaufsa...
Kolbrücks Kracher

Verschrottet die Verkaufsautomaten

IMAGO / Political-Moments
Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner vor einem Lebensmittelautomaten in Leisel. Anlaufstellen wie diese werden auf Dörfern häufig von regionalen Anbietern mit Lebensmittel befüllt.
Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner vor einem Lebensmittelautomaten in Leisel. Anlaufstellen wie diese werden auf Dörfern häufig von regionalen Anbietern mit Lebensmittel befüllt.

Im Lockdown entwickelten sich Verkaufsautomaten zum Trend. Jetzt kann man sie vermutlich wieder abschaffen. Zumindest aber müsste das Konzept neu justiert werden.

Vor etlichen Jahren habe ich an der französischen Küste eine Kiste Austern aus einem Automaten gekauft, der mitten im grünen Nichts am Wegesrand stand. Das war sehr praktisch. Es war eine muntere einmalige Erfahrung. Ich habe es nie wieder getan.

Das lag weniger an der Austernvergiftung. Kann passieren.
Es lag mehr daran, dass etwas fehlte.
Wenn ich Austern kaufe, die in Frankreich kaum teurer sind als – sagen wir – ein Döner im Frankfurter Bankenviertel, dann kaufe ich mit dem Preis beim Händler in der kleinen pittoresken französischen Markthalle auch immer Atmosphäre. Meer, Dünen, Sonne. Das ganze Programm. Am Automaten kaufe ich salzige Muscheln.
Beweisfoto. Gillardeau-Austern aus dem Automaten.
kolbrück
Beweisfoto. Gillardeau-Austern aus dem Automaten.

Das alles ist Jahre her. Verkaufsautomaten für allerlei, für Nonfood, für essbare und weniger genießbare Dinge standen hierzulande danach vor allem kaputt auf Bahnsteigen oder dienten als beliebtes Instrument für die Direktvermarktung an Bauernhöfen. Bis die Pandemie kam.

Verkaufslakaien für bequeme Kunden

Nun machten Automaten auch am Supermarkt Sinn. Für Kunden, die für ein Pfund Butter, die Milch oder 100 Gramm Salami nicht mal eben schnell in den Laden rennen wollten.
Es funktionierte sogar recht gut.

Doch das Konzept der eisernen Verkaufslakaien hat massive Nachteile, wenn die Welt ein Stückchen normaler wird:

Das Angebot verhindert, dass Kunden für Kleinigkeiten oder den Vergesslichkeitsbedarf in den Laden kommen. Damit entgeht die Chance auf Zusatzumsatz.

Das Steak, das Bio-Ei, die Marken-Salami werden entwertet, weil das Umfeld aus Farben, Licht, Gerüchen und Menschen fehlt.

Die Selbstbedienungs-Automaten sind eine Einstiegsdroge in die größeren Flächenkonzepte eines vollautomatischen Amazon Go. Wer sich an die Shopping-Minions gewöhnt, der vermisst später auch im durchtechnisierten Supermarkt keine Menschen mehr.

In Ballungsgebieten entsteht zudem gerade massive Konkurrenz durch Express-Lieferservices wie Gorillas. Der offensive und expansive Anbieter liefert Lebensmittel innerhalb von zehn Minuten nach der Bestellung. Inzwischen in mehr als ein dutzend deutschen Städten. Eine Lieferung kostet bei Gorillas keine zwei Euro. Da überlegt es sich der bequeme Kunde zweimal, ob er für Katzenfutter und Käse noch zum Automaten fährt.

Fokussierte Konzepte

Eine völlige Fehlinvestition sind die Automaten gleichwohl womöglich nicht. Als Offerte, die jenseits der eigentlichen Öffnungszeiten (und nur dann) mit einem eng fokussierten Angebot (beispielsweise nur Grillfleisch) auftrumpft, sind sie ein Stück Service für all jene, denen Samstagnacht um 1 Uhr einfällt, dass sie kein Fleisch für die Grillparty am Sonntag im Haus haben. Und da jeder von uns so jemanden kennt – manch einer sogar in der eigenen Familie – sollte man den Geräten womöglich nicht gänzlich den Stecker ziehen, wenn man Wurst nach Ladenschluss verkaufen möchte.
Wenn sich Strom und Handlingskosten dann noch rechnen.

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