Ein bisschen Krise, ein wenig Entspannung, mehr Krise. Abwechslung bot dieses Jahr reichlich. Irgendwas war immer. Was sind die Lehren aus diesem wechselhaften Jahr am POS?
Jedesmal, wenn man das Gefühl hat, dass die Welt völlig aus den Fugen gerät, stellt man fest: ein paar Grundsätze bleiben bestehen. Preise, Packung, Promotion sind so Grundpfeiler, die immer funktionieren. Und doch tickt der Kunde immer wieder ein bisschen anders und räumt seine inneren Vorlieben um. Also gilt es die drei „P“ mit veränderten Inhalten zu füllen. Ein bisschen wenigsten. Denn allzu sehr mag der Kunde auch nicht von Neuerungen erschreckt werden. Jedenfalls, wenn ihm selbst noch gar nicht so klar ist, dass er die eigentlich möchte.
„Ausfallmodell Supermarkt“ nannte sich dieser Tage eine TV-Dokumentation, die dem klassischen Lebensmittelhandel den Garaus prophezeite. Wegen der digitalen Kunden, wegen Amazon, wegen der Lieferdienste. Richtig ist, und das ist eine Lehre aus 2021, der Wettbewerb ist härter geworden und wird
manche Filiale sterben lassen.
Was aber stirbt ist die Mitte, die langweilige Mitte, die weder durch den Preis, noch durch Erlebnis oder Service überzeugen kann. Wer beispielsweise dieser Tage erst die TV-Doku gesehen hat, dann die Massen bei der angebotslastigen
Neueröffnung des Globus in Eschborn sah, fragt sich schnell: Haben diese Kunden alle kein Internet?
Auslaufmodell Supermarkt
2. Noch mehr Bequemlichkeit
Auf eines ist bei allem Wandel außerdem immer Verlass. Der Kunde ist bequem. Manche sagen, er ist auch
ein bisschen faul. Und da er außerdem immer öfter ein Rezept zu benötigen scheint, um Wasser heiß zu machen, ist eine der Lehren (übrigens nicht erst seit 2021), dass man dem Kunden die Arbeit - also das Kochen - abnehmen muss.
Angebote zum Home Cooking, Gastro-Services, Sushi-Bars, Ananas-Schneidemaschinen, Saftpressen erleichtern dem Kunden den Alltag und verschaffen dem Vollsortimenter ein
Image als Lebenshilfe. Und die gibt es so nur am POS.
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Lieferdienste punkten mit Schnelligkeit und profitieren von der Bequemlichkeit der Kunden. Was kann der POS dem entgegensetzen? »
3. Zusätzlicher Stress
Allerdings ist der Kunde auch schwieriger geworden. Wer
Mitarbeiter in Märkten befragt, der bekommt so einiges zu hören. Und häufig hat es damit zu tun, dass Kunden nicht nur ein bisschen an Geduld und Höflichkeit verloren haben, sondern oftmals gleich von allen guten Geistern verlassen sind. Das stresst.
Das sind dann die Kunden, die man Amazon wünscht, die aber die eigene Arbeit und Motivation auf den Prüfstand stellen und vom Marktmanagement und vom
Mannschaftsgeist ganz neue Qualitäten abverlangen.
Buddhistische Gelassenheit kann man aber nicht in Flaschen abfüllen und ins Regal stellen. Da steht also noch reichlich Arbeit bevor.
Vielleicht muss man seinen Kunden künftig nicht nur Lebenshilfe bieten, sondern sie auch ein bisschen erziehen. Denken Sie daran: Wenn Sie sich fragen: „Sind wir hier denn im Kindergarten?“ Dann lautet die Antwort sehr, sehr wahrscheinlich „Ja“.
4. Mehr Flexibilität
Anspruchsvoller ist der Kunde obendrein. Frische, Regionalität, Lokalität, Bio, Vegan, Kräuterschrank. Vielleicht sogar eine Milchzapfstelle im Markt.
Der Kunde will alles, immer und überall. Und sofort. Das verlangt nach mehr Experimenten und mehr Flexibilität und so setzen erste
Ladenkonzepte erfolgreich auf Modelle, in denen Angebotsinseln leicht verschoben werden können, um verschiedene Atmosphären zu schaffen. Es verlangt aber auch von Mitarbeiter noch mehr Flexibilität, bessere Qualifikation und Sortimentskenntnis.
5. Mehr Technologie
Je mehr und je schneller sich das Kundenverhalten ändert, man könnte auch sagen, umso launischer der Kunde wird, umso weniger reichen Erfahrung und Bauchgefühl aus, um auf neue Vorlieben rechtzeitig zu reagieren. Wer seine Kunden kennen will, der nutzt mehr denn je
Technologie und Daten, um so Drehzahl, Marge und Kundenrelevanz zu ermitteln. Das hilft dann auch den Mitarbeitern, Sortimente besser zu gestalten und Kunden besser zu beraten.
Die klassische
Marktforschung (mit den Kunden reden) allein reicht nämlich nicht mehr. Der Kunde, für den sind es ja auch schnelllebige Zeiten, weiß manchmal eben nicht, was er will. Die Entscheidung müssen Händler ihm, auch das eine Lehre, zusätzlich abnehmen.
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