Kolbrücks Kracher: Lieber Supermarkt, Arbeit ...
Kolbrücks Kracher

Lieber Supermarkt, Arbeit ist für Kunden kein Erlebnis

IMAGO / imagebroker/saurer

Als Teenager habe ich in den Ferien in einem Supermarkt gearbeitet, um mein Taschengeld aufzubessern. Es war kein ganz leichter Job. Jetzt arbeite ich wieder im Supermarkt. Als Kunde.

Ich checke die Produkte mit der App, dem Handscanner oder an einem dieser digitalen Einkaufswagen und ich nutze Selbstzahlerkassen, weil man mir verspricht, dass es dort schneller geht. Was manchmal stimmt, meistens aber dazu führt, dass ich den Erfinder des Strichcodes verfluche.

Nur falls Sie es jetzt wissen wollen: Das waren Norman Joseph Woodland und Bernard Silver. 1952 erhielten sie das Patent. Die Idee für die Linien soll Woodland am Strand gekommen sein. Das hat man nun davon, wenn Leute Urlaub machen. Da kommen sie auf Gedanken.

Ich war schon als Teenager nicht sonderlich gut als Supermarkt-Mitarbeiter. Und bin es heute auch nicht. Trotzdem muss ich mit ran. Wie zig andere Kunden auch. Weil es die Technologie möglich macht. Also manchmal. Manchmal sagt die SB-Kasse auch nur „Ein Mitarbeiter kommt sofort“. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin ist dann aber grad tief in die komplexen Probleme des Wochenendeinkaufs eines Kunden eine Kasse weiter vertieft.

Schnelligkeit ist kein Erlebnis

Und dort wo es weniger Technologie und Selbstabfertigung gibt, wird man angetrieben, auch wenn man sich für die Kasse mit dem sympathischen Gesicht der Kassenkraft entscheidet. Schließlich ist das Langsamste am Kassiervorgang der Kunde. Kassiererinnen und Kassierer schaffen pro Minute mehr Artikel als ich an einem Vormittag aufs Band gelegt habe. Da kommt man schnell ins Schwitzen. Kaum hat man „Guten Tag“ gesagt, steht man schon wieder auf dem Parkplatz.

Ich bin kein Technik-Feind. Digitalisierung ist eine tolle Sache. Sie erleichtert den Alltag, bringt uns mehr Bequemlichkeit. Aber was sie uns nicht bringt, ist Erlebnis.

Wenn Supermärkte den Kunden nach dem "Aal-Prinzip" (Andere arbeiten lassen) zum Mitarbeiter machen, mag das Kosten (und Personal) sparen, es erhöht aber nicht die Shopping-Lust.

Richtiger wäre es, die Technologie zu bieten und gleichzeitig deutlich mehr von dem zu ermöglichen, was einen Erlebnissupermarkt wirklich ausmacht.

Mehr Ware, mehr Abwechslung, mehr Mitarbeiter, denen an der Kasse auch mal Zeit bleibt über Hund und Katze zu plaudern, die an der Frischetheke nicht mit Panik auf die Schlange hinter einem starren.
Mehr Inspiration, mehr Anreize und weniger das Gefühl, dass sei hier ein Job, den man als Kunde halbwegs anständig und reibungslos zu erledigen habe.

Sonst ist der Supermarkt bald nur noch ein seelenloser Automat und unterscheidet sich nicht von einem Onlineshop. Außer das rund um die Ware Beton gebaut wurde. Warum aber soll ich dann noch in den Laden gehen?
Da setz ich mich zum Einkaufen doch lieber an den Strand.

PS. Aber vielleicht liege ich auch völlig falsch und der Kunde findet das alles ganz prima. Piggly Wiggly wurde zu Beginn des 20.Jahrhunderts für seine zahlreichen Innovationen, die heute Standard in jedem Supermarkt sind, vielfach belächelt.


Kolbrücks Kracher gibt es exklusiv jeden Donnerstag auf LZdirekt.de.   

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