Markenhersteller scheitern im Handel gerade nicht nur in Preisverhandlungen. Platz, Interesse, Trend-Einschätzungen und Zeit der Kaufleute sind oft eine Mauer. Vor allem aber eigene Fehler im Vertrieb verhindern Erfolge.
Vertriebsmitarbeiter der Lebensmittelhersteller stehen mehr denn je vor der Herkulesaufgabe, ihre kreativen Produkte und Zweitplatzierungen in die bunte und beengte Welt der Supermärkte zu schleusen. Die Kaufleute aber, die sie umschwärmen, verstecken sich zuweilen hinter Mauern aus Zeitmangel, Platzbeschränkungen und Skepsis gegenüber den potenziellen Umsatzgewinnen schicker neuer Produkte. Rezession und Druck sind dann auch nicht hilfreich und führen zu falschen Entscheidungen, strategischen Fehleinschätzungen und klassischen Fehltritten, die längst ausgemerzt schienen.
Welche sind das?
Und wie lassen die sich elegant vermeiden?
Fehlende Marktkenntnis: Kennen Sie das Gefühl, wenn Sie auf einer Party mit lauter Schachprofis über Schach diskutieren, aber selbst die Regeln nur grob kennen?
Lösung: Die Schachfiguren Ihres Supermarkt-Schachspiels sind der Markt und Ihre Mitbewerber. Stellen Sie sicher, dass Sie die Spielregeln kennen und anwenden.
Kein klares Verständnis des Produkts: Haben Sie jemals versucht, Ihren Freunden ein Buch zu empfehlen, von dem Sie selbst nur den Klappentext gelesen haben? Ein Verkäufer, der sein Produkt nicht kennt, hat so viel Glaubwürdigkeit wie ein Veganer in einem Steakhaus.
Lösung: Machen Sie sich mit Ihrem Produkt vertraut, bis Sie es im Schlaf erklären können. Nehmen Sie sich deshalb die Zeit, das Produkt ausführlich zu studieren. Lücken in der Produktkenntnis können nämlich dazu führen, dass der Einzelhändler das Vertrauen in Sie und Ihr Produkt verliert. Damit ist nicht gemeint, dass Sie die Verkaufsunterlagen auswendig kennen, sondern wissen, wie das Produkt beispielsweise am Frühstückstisch der Familie ankommt. Gehen Sie auch Schwächen des Produkts nicht aus dem Weg. Das sorgt für mehr Glaubwürdigkeit.
Schlechte Beziehungen zu Händlern: Erzählen Sie bei einem Date nur von sich? Kein Wunder, wenn Sie bei Tinder keinen Erfolg haben. Ebenso schwierig ist es, Produkte zu verkaufen, ohne eine gute Beziehung zu den Händlern aufzubauen.
Lösung: Arbeiten Sie an Ihren Beziehungen, wie Sie an Ihren anderen Fähigkeiten arbeiten. Nehmen Sie sich Zeit, um den Einzelhändler kennenzulernen. Zeigen Sie Interesse an seinem Geschäft und seinen Bedürfnissen. Geben Sie ihm Ideen und Tipps und Hintergrundinfos zu ihrem Marktsegment - auch ohne Verkaufsabsicht. Sharing is caring. Eine starke Beziehung kann Türen öffnen, die sonst verschlossen bleiben würden. Wichtig: Halten Sie den Kontakt auch nach dem Sale aufrecht. Holen Sie Feedback - auch jenseits von Zahlen, Daten und Fakten für die eigene Powerpoint-Präsentation ein.
Vertriebstolz: Das ganze Regal zeigt nur die eigene Marke.
Ignorieren von Kundenbedürfnissen: Haben Sie jemals in einem Restaurant ein Gericht bekommen, das Sie nicht bestellt haben? Genau so fühlt es sich für den Einzelhändler an, wenn Sie ihm Produkte aufdrängen, die er nicht braucht.
Lösung: Finden Sie heraus, was der Einzelhändler braucht und liefern Sie es ihm auf einem Silbertablett. Erforschen Sie die Bedürfnisse und Wünsche des Einzelhändlers. Was sind seine Bestseller? Welche Probleme hat er? Welche Lösung kann ihr Produkt dazu bieten? Wenn Sie Ihre Hausaufgaben machen, können Sie den Kaufleuten überzeugendere Argument dafür liefern, warum Ihr Produkt auf seinen Regalen stehen sollte und wie es ihm helfen kann, seine Umsatzziele zu erreichen oder seine Kunden besser zu bedienen. Anders gesagt: Mehr zuhören, weniger reden - das hilft verkaufen.
Das Rabatt-Dilemma: Manchmal werfen Verkäufer Rabatte herum, als wären sie Konfetti auf einer Silvesterparty. Das geht zuweilen nach hinten los und untergräbt den Wert ihrer Angebote.
Lösung: Anstatt jeden Händler mit einem „one-size-fits-all“-Ansatz abzuspeisen, sollten Sie stattdessen individuelle Lösungen anbieten, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Kaufleute zugeschnitten sind. Das aber kann nur, wer die wirklichen Probleme der Kaufleute kennt und zur Lösung beitragen kann.
Mangel an Anpassungsfähigkeit: Der Markt ändert sich schneller als die Wettervorhersage. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind genauso wichtig wie Ihre Krawatte zum Anzug, falls Sie noch eine tragen.
Lösung: Entwickeln Sie ein Gespür für den richtigen Zeitpunkt, so wie ein erfahrener Koch ein Gespür für den perfekten Garpunkt des Steaks hat. Merke: Timing matters. Oft steigen die Chancen des Gespräch, wenn man das richtige „Window of opportunity“ findet.
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Die Schrotflinte: Manche Verkäufer informieren so, als ob sie einen Wasserwerfer bedienen ("Spray’n’Pray"). Gemeint ist damit, dass manche Kaufleute mit einem Info-Tsunami zum Produkt überschüttet werden, in der Hoffnung, dass einige der Botschaften auf fruchtbaren Boden fallen und zu Verkäufen führen.
Lösung: Es ist im Allgemeinen eine ineffiziente Strategie. Es ist besser, eine gezielte und personalisierte Botschaft parat zu haben, die nur jene Argumente aufgreift, die zur individuellen Situation passen und einen klaren Nutzen aufzeigen.
Fragen Sie sich also nicht "Wo ist Umsatz?" wie ein tumber Kunde "Wo ist Hefe?" fragt, sondern begreifen Sie die Kaufleute wie ein Familienmitglied, dessen Vorlieben (und Launen!) Sie kennen, dessen Probleme Sie ernst nehmen und wo man sich trotz zuweilen an Geburtstagen oder Feiertagen immer wieder gehörter Witze und unüberbrückbarer Differenzen bei der Fußballmanschaft schätzt und vertraut.
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