//

Lügen Sie ihre Kunden nicht an

Kolbrücks Kracher

durantelallera/shutterstock

Kunden haben gerade jede Menge Fragen. Zu Preisen, zu Produkten, zu leeren Regalen und neuerdings zu Insekten. Fatal kann es sein, diesen Fragen auszuweichen.

Dieser Tage in einem Supermarkt einer großen Handelskette. Vielleicht jene, deren Historie auf Kolonialwarenhändler zurückreicht. Vielleicht war es die, deren Zentrale im Schatten eines Doms residiert. Das tut nichts zu Sache. Die Geschichte kann sich so – oder ähnlich – allerorts zutragen.
Auch die Marke, um die es geht, nennen wir sie „M“, ist austauschbar. Zumindest für die Geschichte. Nicht natürlich für einen markentreuen Kunden.
Im Regal gab es „M“ jedenfalls nicht mehr. Stattdessen die berühmten gähnend leeren Regale und Eigenmarke in Serie. Frage also an den vorbeigehenden Marktleiter, wo „M“ denn geblieben sei? Ausgelistet?

Der aber schaut, allerdings freundlich, ein wenig bedröppelt und erzählt etwas von Produktionsproblemen beim Hersteller, fehlenden Rohstoffen und keiner Ahnung, wann die Ware wiederkommt.
Letzteres entsprach der Wahrheit. Der Rest war, nun ja, geschwindelt.
Horror: Für Händler und und Kunden: Das leere Regal.
Horror: Für Händler und und Kunden: Das leere Regal.
IMAGO / Steffen Schellhorn

Bei der Notlüge ertappt

Ob der Kunde so etwas glaubt, beim Blick auf den Handelsmarken-Ersatz schlicht stolz an seine Lieblingsmarke denkt und sich fragt, welcher geheime Zauberstoff da noch in der Produktion verwendet wird? Denn die Eigenmarke, die ist ja da, reichlich, und hat diese spezielle Zutat also demnach nicht. Also trollt sich der Kunde, nicht ohne sich innerlich vor dem Erfindungsreichtum der Lebensmittelingenieure zu verneigen. 
Um dann zuhause doch mal Google zu befragen.
Tipps gegen das Out-of-Stock-Syndrom
•    Lassen Sie das Regal nicht den Kunden angähnen: Erklären Sie mit Aufstellern oder Zetteln, warum ein Produkt fehlt.
•    Bieten Sie Perspektiven: Sagen Sie, wann das Produkt voraussichtlich wieder vorrätig sein wird.
•    Hübschen Sie die Leere mit Deko auf: Stellen Sie zusätzlich ein paar Ostereier, ein paar Schmunzelhasen oder eine Osterdekoration auf die leere Fläche.
•    Inszenieren Sie die Lücke: Gestalten Sie eine Vermissten-Anzeige oder ein Phantom-Bild. Bauen Sie mit Pappe ein „Schwarzes Loch“ drumherum. Stellen Sie einen Kalender ins Regal, der anzeigt, wie lange das Produkt schon fehlt – oder wann es da sein wird.
•    Reden hilft: Versuchen Sie im Gespräch mit dem Kunden herauszufinden, warum es gerade dieses Produkt sein soll. So lernen Sie seine Vorlieben und Einstellungen kennen und können ihm vielleicht eine Alternative - oder eine komplett andere Range - empfehlen.  
•    Nennen Sie Alternativen: Erklären Sie dem Kunden, bei welchem Wettbewerber er das Produkt noch bekommt. So viel Größe und Selbstbewusstsein beeindruckt.
•    Bieten Sie den Kunden, die sich beklagen, ein kleines Trostpflaster. Einen Rabatt, ein Osterei. Kleine Aufmerksamkeiten.
Und man muss nicht einmal die Kollegen der "Lebensmittel Zeitung", die regelmäßig das Gras wachsen hören, lesen, um zu erkennen, dass der Marktleiter ein bisschen sehr geflunkert hat.

Kunden trauen dem Handel nicht

Denn prompt stößt man sogar in Regionalzeitungen auf Schlagzeilen, in denen von „M“ und „Lieferstopps“ und Preisschlacht die Rede ist.
Man kennt das und man kann dazu sogar ganz muntere kleine Instagram-Videos drehen. Doch während mancherorts offensiv und transparent mit der Lücke umgegangen wird, geht manch einer leider den scheinbar bequemeren Weg und sucht im Gespräch mit Kunden das Heil in Ausflüchten.
Doch das ist fatal.

Denn eine Google-Suche reicht, um die gesamte Glaubwürdigkeit eines Marktes, oder gleich einer ganzen Branche zu beschädigen.
Denn dann bleiben Fragen im Kopf kleben:

Ist die Frische wirklich frisch?
Sind die Preise wirklich preiswert?
Ist das Angebot wirklich glaubwürdig?

Einzelfälle?

Ich glaube nicht.
Wer sich dieser Tage durch manche Kommentare bei Facebook, Twitter oder insbesondere TikTok wühlt, der findet immer mehr Kunden, die dem Lebensmittelhandel erstens nicht mehr trauen und zweitens alles zutrauen.
Gerade rund um Preise und Warenverfügbarkeit gleicht das Image der Supermärkte zuweilen dem eines Hütchenspielers, um den man lieber einen großen Bogen macht.
Bitte merken!
  • Marktleitung und Team müssen das Geschäft glaubwürdig verkörpern.
  • Händler werden immer auch an ihrer Authentizität und ihren Werten gemessen.
  • Vertrauen ist die beste Form der Kundenbindung.
  • Transparenz und Offenheit erzeugen Glaubwürdigkeit.
  • Es dauert Jahre einen Kunden zu binden, aber nur Sekunden ihn zu verlieren.

Das kann nicht nur für den Umsatz und im Wettbewerb negative Auswirkungen haben. Auch für den chronischen Personalmangel ist es keine Hilfe, wenn man als Bewerber glaubt, in eine Welt von Märchenerzählern zu geraten.
7 Punkte, die Kunden im Supermarkt am meisten nerven
  1. Lange Schlangen an der Kasse.
  2. Unfreundliches oder unkooperatives Personal.
  3. Mangelnde Hygiene.
  4. Fehlende oder falsch ausgeschilderte Produkte.
  5. Mangelnde Vielfalt oder Auswahl an Produkten.
  6. Zu hohe Preise im Vergleich zu anderen Märkten.
  7. Unübersichtlichkeit und Unordnung.

Natürlich ist das ein völlig schiefes und falsches Bild der Branche. Doch das tut nichts zu Sache. Denn das Gesetz der Mundpropaganda will es, dass negative Erfahrungen häufiger weitererzählt werden als positive Geschichten.
Und bevor Sie jetzt dazu Studien wälzen, denken Sie einfach daran, wie oft Sie schon im Bekanntenkreis von der unvollständig gelieferten neuen Küche gehört haben.
Und wie selten von der Küche, bei der alles glatt lief.
Auch wenn dieser Negativ-Effekt wissenschaflich umstritten ist, stimmt doch eines: Unser Gehirn, auf Überleben programmiert, speichert vor allem negative Botschaften (Gefahr!) besonders gut ab.

Daher seien Sie vorsichtig, wenn Sie Ihren Kunden bedienen, dass er sich nicht in seinem Überlebensinstinkt bedroht fühlt.

Kolbrücks Kracher gibt es exklusiv jeden Donnerstag auf LZdirekt.de.
Nichts verpassen!

Bleiben Sie über die aktuellen Entwicklungen im Supermarkt auf dem Laufenden und abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter.

Noch mehr Ideen, Trends, Tipps und Anekdoten vom POS gibt es täglich auf Instagram und Facebook.
Schon gewusst: LZdirekt hat bei TikTok schon rund 2000 Follower.

stats