Was war denn da los, Herr Jänecke?: "Russian ...
Was war denn da los, Herr Jänecke?

"Russian Power": Edeka-Markt Jens Jänecke nimmt Energydrink nach Shitstorm aus dem Regal

Carsten Milbret

Darf bleiben oder muss gehen? Der Edeka-Markt Jens Jänecke in Adendorf verkauft einen Energydrink names "Russian Power". Jahrelang ist das kein Problem, bis auf einmal ein Tweet alles ändert. Wie die Twitter-Welt darauf reagiert. Und was der Kaufmann dazu sagt. 

Ein Kaufmann bietet in seinem Markt einen Energydrink namens "Russian Power" an. Auf der Dose ist das Bild eines großen, kämperisch aussehenden Mannes in Rüstung und mit Schwert. Die Twitter-Welt steht Kopf, die Reaktionen könnten unterschiedlicher nicht sein.

Zwischen "Geht gar nicht" und "Wo ist das Problem" ist an Reaktion alles vorhanden.
Verwerflich? 
Edeka Jens Jänecke hat prompt reagiert und das in Deutschland produzierte Getränk aus dem Supermarkt genommen.
Richtig oder übereilt?
Wir fragen bei Jens Jänecke nach.

Herr Jänecke, was ist in den letzten Tagen bei Ihnen in Adendorf los gewesen?
Wir haben schon lange einen Energydrink mit Namen „Russian Power“ eines deutschen Lieferanten im Sortiment, was uns jetzt bei Twitter in einem Tweet angelastet wird. Uns hat das ehrlich gesagt etwas überrascht, da wir den Artikel bisher anders interpretiert haben.
Aber wir haben jetzt gesehen, dass das Getränk auch anders zu verstehen ist. Und das tut uns natürlich leid. Von dem Artikel haben wir uns getrennt. Damit ist für uns das Thema beendet. Noch mehr als die zehn Dosen aus dem Regal zu nehmen, können wir nicht tun.
Nicht verpassen!
Bleiben Sie über die aktuellen Entwicklungen im Supermarkt auf dem Laufenden und abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter mit jeder Menge Ideen, Trends, Tipps und Anekdoten vom POS.


Wie gehen Sie mit den Reaktionen um?
Wir haben Reaktionen und Fragen dazu erhalten und dann auch alles genau erklärt. Damit war es auch gut für diejenigen. Schließlich haben wir eine klare Haltung: Wir lehnen Gewalt und Faschismus in jeder Form ab. So dass wir gar keine Verbindung in der Art zu diesem Artikel gesehen haben, auch der Lieferant nicht. Wir haben auch sehr viel russische und osteuropäische Familien, die wir hier versorgen, da hat sich auch bisher keiner in diese Richtung geäußert.
Wir haben jetzt gesehen, dass das Getränk auch anders zu verstehen ist. Und das tut uns natürlich leid.
Jens Jänecke


Wie ist das mit Artikeln wie Russisch Brot, sind die auch problematisch?
Wir haben ein relativ großes Sortiment an russischen beziehungsweise osteuropäischen Produkten. Ich halte das für recht unwahrscheinlich, dass hier jemand auf uns zukommt. Es ist eine Frage des Betrachters und was er interpretiert.

Das heißt das eine Produkt nehmen Sie heraus und die anderen lassen Sie?
Selbstverständlich. Ich finde es schwierig, aufgrund eines äußeren Drucks, der eigentlich gar nicht auf uns lastet, Gäste oder Kunden auszugrenzen, weil wir sagen: 'Wir verkaufen keine russischen Produkte mehr'. Das hat für mich einen größeren negativen Touch. Wir würden damit Menschen vor den Kopf stoßen, die sich darauf verlassen, dass wir die Produkte führen. 


Die auch nichts mit dem Krieg zu tun haben …

Exakt. Wir haben hier sehr liebe russische und osteuropäische Familien, die sich bei uns regelmäßig mit Produkten eindecken. Und auch denen gegenüber haben wir eine Verantwortung.

Überrascht, wie schnell so ein Shitstorm passiert?

Mich wundert das weniger. Es ist immer die Frage, mit welcher Intention ich diese Themen aufgreife. Es hätte auch die Möglichkeit gegeben, auf uns zuzukommen, wie es viele andere jetzt auch getan haben, nachdem sie davon gelesen haben, und sich unsere Antworten anzuhören.

Wie geht es weiter?
Man kann nicht so tun, als gäbe es das Thema nicht. Wer also Fragen stellt, bekommt auch eine Antwort von uns. Aber wir gehen mit dem Thema nicht raus. Letztlich reden wir über zehn Dosen eines deutschen Herstellers. Ich glaube, wir sollten uns mit anderen Dingen beschäftigen. Die Welt ist aus meiner Sicht zufriedener, wenn wir uns um Themen kümmern, die wichtiger, weil konkret hilfreicher für die Menschen hier und beispielsweise in der Ukraine sind.
Ideen für den Umgang mit einem Shitstorm
Kommunikationsexperte Christian Wolfram von der Unternehmensberatung Engel & Zimmermann empfiehlt, in der Krise vor allem nicht den Überblick zu verlieren. Deeskalation, um die Situation zu entschärfen, kann ebenso sinnvoll sein wie die Füße still zu halten und den Sturm über sich hinwegziehen zu lassen.

Hier sind weitere mögliche Wege, wie man mit einem Shitstorm umgehen kann:
  • Transparente Kommunikation, indem Sie Fehler einräumen. Und erklären Sie, welche Schritte Sie unternehmen, um die Situation zu bereinigen. Ehrlichkeit und Transparenz sind wichtig für das Vertrauen. 
  • Verwandeln Sie Ihre Antwort in eine Reihe von lustigen Memes, die das Thema humorvoll aufgreifen und es Ihren Kunden erleichtern, sich einzubringen und Ihre Perspektive zu verstehen.
  • Erstellen Sie ein Video im Stil eines Mockumentarys über die Reise Ihres Unternehmens durch den Shitstorm, zu Lektionen, die Sie gelernt haben, und Schritte, die Sie unternommen haben, um sicherzustellen, dass so etwas nicht wieder passiert.
  • Laden Sie Kritiker ein und holen Sie sie als Partner bei der Problemlösung mit ins Boot.
  • Aktives Zuhören und Engagement, indem Sie die Plattformen der sozialen Medien überwachen und zeitnah reagieren und respektvoll auf Kommentare, Fragen und Bedenken eingehen. Zeigen Sie Ihren Kunden, dass Sie ihren Beitrag zu schätzen wissen.
  • Entschuldigen Sie sich und leisten Sie Wiedergutmachung. Bieten Sie Betroffenen eine aufrichtige Entschuldigung an und erläutern Sie, was Sie ändern.
  • Interne Überprüfung und Änderung der Richtlinien: Was muss geändert werden, um zu verhindern, dass sich ähnliche Situationen wieder ereignen?



Themen
EDEKA
stats